St. Galler Tagblatt vom 27. November 2009



Esther Hasler überzeugt auch durch ihre facettenreiche Stimme. Bild: Hannes Thalmann



Mit mitreissendem Temperament

«Küss den Frosch», mit diesem Titel hatte die Bühnenkünstlerin Esther Hasler ihr Chanson-Programm überschrieben. Der Abend geriet zu einer vielschichtigen One-Woman-Show. Esther Hasler ist nochmals heute und morgen zu sehen.

SIEGRUN SCHMIDT

Keine Kulissen, nur ein einsames Klavier als wirkungsvolles Instrument, dazu die eigene Stimme. Das genügte der Künstlerin, um rund eineinhalb Stunden für Spannung zu sorgen. Den Frosch küssen, was konnte man sich darunter vorstellen? Eine Märchenstunde war es keineswegs, sondern eine fesselnde und wirbelige Bühnenshow, mit der Esther Hasler zu begeistern wusste.

Feinsinnig, hinterhältig
Ein Programm für Leute, die Hintergründiges dem Schenkelklopfen vorziehen oder «mit Veilchen Fenster einschmeissen» – so hiess es in der Ankündigung, und das genau traf zu. Da war kein brüllendes Lachen gefragt, sondern feinsinnige und hinterhältige Situationskomik in Szenen, die mitten aus dem Leben gegriffen schienen. Esther Hasler erzählte Geschichten, der geküsste oder auch nicht geküsste Frosch diente als verbindendes Element.
Da gab es wechselnde Szenen zu entdecken, wie sie Esther Hasler mit ihrer modulationsfähigen und gut ausgebildeten Stimme in den Raum stellte. Überhaupt, ihre Stimme: Mal rauh und wie im Sprechgesang, mal gurrend, mal schön wie in der Oper oder auch lautmalerisch und der jeweiligen Situation entsprechend. Plastisch dargestellte Erzählungen, untermalt von virtuosem Klavierspiel.
Das klang mal klassisch, mal folkloristisch und dann wieder jazzig, die Palette ihrer Ausdruckskunst umfasste souverän die verschiedensten Stimmungen. Von der russischen Grossmutter Gruschenka beispielsweise mit ihren weisen Ratschlägen hatte sie den Flügel geerbt, der sich nächtens plötzlich in ein bedrohliches Monstrum verwandelt und sich in die Lüfte schwingt.
Oder Wohnen in einem Leuchtturm, daraus resultiert ein Auftritt bei Kurt Aeschbacher. Das Räsonieren einer Frau im breitesten Berndeutsch über das Leben im Allgemeinen und ihre Kinder. Witzig und überzeugend war sie als Rentnerin Tina Furrer mit ihrem Minibar-Snackbar-Wägeli im Zug, mit Anspielungen an die SBB und Gedankensprüngen zu Schlagerstar Udo Jürgens als Passagier, begleitet von diesbezüglicher Musik.

Spielerisch, treffsicher
Auch die Eitelkeit der Männer wurde zum Thema. Oder die Prinzessin, die für einmal zum Frosch wird. Irgendwie alles skurrile Szenen, die Esther Hasler mit mitreissendem Temperament entstehen liess, spielerisch und treffsicher mit den Worten umgehend, auch mit poetischen, leisen Tönen, und das alles nur mit ihrer markanten Stimme, dem Klavier und einer dezenten Bühnenbeleuchtung. Eine atemberaubende One-Woman- Show aus einer Mischung von Kabarett, Chanson, Schauspielkunst und Musik.

Fr und Sa, Kellerbühne SG, 20 Uhr



Home