Liechtensteiner Vaterland vom 9. Dezember 2008

Begeisterte das Schlösslekeller-Publikum erneut: Musikkabarettistin Esther Hasler überzeugte mit virtuosem Klavierspiel,
guten Songs und dem ihr eigenen Witz und Charme. Bild: Daniel Ospelt
Musikalisches Gedanken-karussell mit Esther Hasler
Die Musikkabarettistin Esther
Hasler ist in Liechtenstein kein
unbeschriebenes Blatt. Nach
ihrem Erfolgsprogramm «Küss
den Frosch», das im Schlösslekeller
Beifallsstürme ausgelöst
hat, präsentierte sie sich am
vergangenen Freitag mit «Laus
den Affen oder andere Primaten».
Ein erwartungsvolles Publikum hatte
an diesemAbend für eine lockere Besetzung
des Kleinkunsttheaters gesorgt.
Die Bühne war schwarz, wie eigentlich
immer, nur einsam und verlassen
stand dort ein Piano.
Menschliches scharf beleuchtet
Kaum hatte sich die Tür zur «Künstlergarderobe» geöffnet, kam Esther
Hasler auf die Bühne, begrüsste das
Publikum mit «Freut mich, dass ihr da
seid», und los gings in frenetischem
Tempo und blitzend scharf artikulierten
Songs. Wie die Affen sich lausen,
mit spitzen Fingerchen jedes Haar
des Mitaffen untersuchen, so pulte
Hasler in den menschlichen Beziehungen
ihrer eigenen Spezies, den
«anderen Primaten», herum und
schürfte in zwar bekannten, aber bitte
nicht offen liegenden Tiefen.
Sie zeigte den Homo sapiens als
Ungezieferhasser mit Putzfimmel
oder mit Faserpelz und Rettungspaket
auf dem Weg zurück zur Natur.
Mit ihrem Partner, dem Piano, brachte
sie ihreTexte musikalisch in Reichweite,
liess sie zum Aha-Erlebnis werden.
Mit wenigen Zeilen einer Beethoven-Sonate schilderte sie Chaos,
Unordnung als notwendiges Motiv zu
schöpferischemTun, um gleich darauf
ihre Gedanken im «Karussell» sausen
zu lassen mit tobenden, virtuosen, Läufen und Akkorden auf denTasten.
Das Publikum hatte es nicht leicht, den witzigen, zielsicheren Pointen
der Texte zu folgen, wie den Zeilen
über Gruschenka als Adoptivoma
oder über die kapitalistischen Mafiosi
in Russland - immer war es das Piano
das untermalte, charakterisierte,
dramatisch begleitete oder Kontrapunkte setzte.
Auf alles eine Antwort
Ob es sich bei Esther Hasler und dem
Piano um das «Hotel Mamma», ein
Studium des Italienischen drehte,
wobei es eigentlich immer um Pasta
und Amore ging; oder ob es von der
TV- Sendung «Bauer sucht Frau»
oder von Migranten und Dentalhygiene,
immer hatte sie eine gesungene
und gespielte Antwort parat. Sekundenschnell
konnte sie mit bösartigem
Gesicht den russischen Mafiosiboss
darstellen, sich dann in einen
verliebten Italiener verwandeln oder
in eine mümmelnde Bäuerin aus dem
Wallis, und das alles mit den rasenden,
rockenden, klassischen Läufen
und Balalaika-Klängen umrahmen. Mit ihrem virtuosen Klavierspiel, den
Songs und dem ihr eigenen Witz
und Charme konnte Esther Hasler
auch an diesem Abend im Schlösslekeller
das Publikum restlos begeistern.
Ihr Werdegang
Sie sagt von sich selbst: «Meine erste
Klavierlehrerin trug eine Perücke.
Grau, mit einer waagerecht, von einem
Ohr zum anderen leicht geschwungene
Rolle am Hinterkopf, wo
sie ihre eigenen Haare mit Haarspangen
einarbeitete. JedeWoche. sass die
Perücke ein bisschen anders auf dem
Kopf. Mal war sie weiter vom, mal
weiter hinten. Ich war noch ein Kind
und es faszinierte mich unheimlich.
Meine zweite Klavierlehrerin, eine Chinesin, lehrte mich, chinesisch zu
schreiben. Sie hinkte. Wenn ich Chopin oder Mendelssohn spielte, tanzte
sie durch den Raum, flatterte mit den
Armen und sang: <Wie eine Smetterlin,
ganz leicht, wie eine Smetterlin>,
was mich sehr beflügelte. Später wurde
ich von einem Eurythmielehrer als
Pianistin angestellt. Als die ersten
Tänzer durch den Raum stolperten,
wurde ich von einem Lachanfall geschüttelt.
Ich konnte meine Mozartsonate
nicht zu Ende spielen, wurde
fristlos entlassen und fand glücklich
zum Chanson.» (ct)
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