Vaterland vom MONTAG, 6. MÄRZ 2006, SEITE 5

Esther Hasler
Sie singt und erzählt skurrile Geschichten: Bei Esther Hasler weiss man nie, ist jetzt der Frosch gemeint oder ein Mann. Foto: Daniel Ospelt



Wie Esther Hasler den Frosch küsste



Ein Abend im Schlösslekeller: lustig, berührend, intelligent und virtuos

Am Freitagabend beschenkte die aus dem Liechtensteiner Unterland stammende Künstlerin Esther Hasler das heimische Publikum erstmals mit einem Soloprogramm. Es war wunderbar!

mgd.- Während die Premiere anfangs Jahr in Bern zweimal ausverkauft war, kamen die Besucher in Vaduz eher zögerlich. Die Veranstaltung war gut besucht, aber bei weitem nicht ausverkauft. Schade, schade, schade. Esther Hasler ist so vielseitig begabt, dass man gar nicht weiss, wie man sie mit einem Wort bezeichnen soll. Ist sie Kabarettistin, Pianistin, Chansonsängerin, Schauspielerin? Wie auch immer, sie hat es glänzend verstanden, ihr Publikum einen ganzen Abend lang zu unterhalten und mit immer neuen Perspektiven des Lebens, der Liebe, des Menschseins zu verblüffen, sodass man gar nicht merkte, wie die Zeit verging. Sie hebt nicht mahnend oder anklagend den Finger, sondern zeichnet mit kräftigen Strichen ein treffendes Bild – und überlässt es den Zuhörern, eigene Schlüsse zu ziehen. Nachdem so oft verkündet wurde, dass hinter jedem erfolgreichen Mann eine Frau stehe, sagt sie: Hinter jeder erfolgreichen Frau steht ein Korb mit schmutziger Wäsche! Oder, als sie eine alte Frau mimt, und diese über ihre ehelichen Pflichten sagen lässt: I ha nie müesse, – er het net dürfe!

Wie sie wurde, was sie ist

Angefangen hat das Ganze mit Klavierstunden. Ihre erste Klavierlehrerin hatte schütteres Haar und besserte ihre Frisur mit einem Dutt auf, dadurch sah das Gebilde jedes Mal anders aus, was die junge Esther sehr faszinierte. Die nächste Lehrerin war eine Chinesin, die während der Stunde wie ein Schmetterling durch den Raum flatterte, und das beflügelte die Schülerin sehr. Als sie später ihre erste Stelle als Pianistin bei einem Eurythmielehrer antrat und dort die ungelenken Schüler durch den Saal stolpern sah, bekam sie einen nicht zu bremsenden Lachanfall, sie wurde entlassen und so sei sie zum Chanson gekommen. Sie hat eine gute Beobachtungsgabe und sehr viel Sinn für das Komische im Leben und weiss das auch darzustellen. Mit wenig Mitteln, sprich nur mit sich selber. So zeigt sie, dass ein Mädchen, eine «höhere Tochter » nur Klavier spielen konnte, ohne sich mit einer unanständigen Haltung zu kompromittieren, etwa mit dem Cello. Jegliche Art von Flöte ist für ein Mädchen auch sehr unkleidsam, wie sie zum Vergnügen der Zuschauer demonstrierte. Söhne haben es da leichter, sie gehen zum Militär.

Und dann die Frösche! In einer Minute noch eine hübsche, junge Frau, war sie in der nächsten ein Frosch, der mit rollenden Kulleraugen eine summende Fliege beobachtete, um sie dann – schnapp – zu fangen. Bei ihr ist alles anders, da küsst der Frosch ein Mädchen mit allen Konsequenzen. Wenn sie ihre skurrilen Geschichten singt oder erzählt, weiss man nie, ist jetzt der Frosch gemeint oder ein Mann. Sie erzählt von ihrem Klavier, das sie von einer Russin geerbt habe. Das Klavier war ein Pianoforte, es hatte bessere Zeiten gesehen, war sehr vornehm und machte ihr das Leben schwer. Sie hingegen machte den Zuhörern, besonders den weiblichen, das Leben leicht. Nach zwei Stunden und zwei Zugaben ging man beschwingt nach Hause und versteht Esther Hasler, wenn sie singt: «Ich geh so gerne mit mir selber aus.»



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